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Haruki Murakami – Wenn der Wind singt (Hörbuch gelesen von David Nathan)

Warum Haruki Murakami sein Debütwerk ’Wenn der Wind singt’ von 1979 erst 2015 zur Übersetzung frei gegeben hat, ist unklar. Anscheinend war er nicht ganz zufrieden damit. Immerhin liefert die Erzählung eine Art Vorgeschichte zu ’Wilde Schafsjagd’, mit dem ihm 1982 ein erster größerer Erfolg gelang. Und David Nathan macht seine Sache bei der Lesung fürs Hörbuch dazu wie immer sehr gut!

Das Hörbuch (gelesen von David Nathan) zu 'Wenn der Wind singt’ von Haruki Murakami liegt auf der Romanvorlage dazu

Viel los ist nicht im August 1970. Meistens hängt der Erzähler einfach mit seinem Freund „Ratte“ in Jays Bar ab. Beide versuchen sich als Schriftsteller, kommen aber nicht so recht mit ihren Arbeiten voran. Dabei nennt der Erzähler als große Inspiration den fiktiven Autor Derek Hartfield.

Verbirgt sich Murakami selbst hinter dieser Maske, um einen angehenden Schriftsteller über einen anderen Schriftsteller schreiben zu lassen, der sich wiederum zum Beispiel auf den real existierenden Schriftsteller Romain Rolland (1866-1944) bezieht?

Hartfield nimmt im Leben des jungen Mannes jedenfalls soviel Raum ein, dass er unter anderem eine seiner Science-Fiction-Geschichten nacherzählt. Zumindest das, woran er sich erinnern kann.

Bei ’Der Brunnen auf dem Mars’ singt demnach der Wind einem Abenteurer auf dem roten Planeten so lange seine Botschaften vor, bis sich dieser verzweifelt selbst das Leben nimmt.

Hartfields Art zu Schreiben wird übrigens vom Autor folgendermaßen beschrieben: „Sein Stil ist unmöglich, die Handlung völlig wirr, die Themen unreif.“

„Three years ago, a friend of mine, ask me to say some ...“

Was die Handlung angeht, ist es teilweise auch bei ’Wenn der Wind singt’ gar nicht so einfach, ihr zu folgen. Denn immer wieder gibt es Nebenstränge, Auslassungen, kleine Sprünge und Abschweifungen in die Vergangenheit, die unter anderem eben auch die erste Begegnung mit „Ratte“ drei Jahre früher beleuchten.

Was dennoch unklar bleibt, ist die Frage, wie der junge Mann zu seinem Spitznamen kam: „Habe ich vergessen. Irgendwas Blödes von früher. Am Anfang habe ich es gehasst, aber jetzt nicht mehr. Man gewöhnt sich an alles.“

Phantastische Geschichte(n)

Bemerkenswert ist, dass im Grunde schon alle Elemente enthalten sind, für die seine Fans Haruki Murakami feiern. Und besonders interessant dürfte für sie sein, dass er das Ganze noch um ein Vorwort ergänzt hat.

Darin berichtet er davon, wie er damals zum Schreiben gekommen sein soll. Was eine ebenso phantastische Geschichte ist, wie er sie sonst in seinen Romanen erzählt. 

David Nathan zeigt bei der ungekürzten Lesung auf insgesamt drei CDs wieder sein ganzes Können. Recht passend, nämlich schon leicht überdreht, wirbelt er zum Beispiel durch die Passagen, bei denen ein Radio-Moderator sein Programm anpreist.

Dagegen setzt er seine Stimme für den Ich-Erzähler immer betont nüchtern ein. Trefflicher lässt sich dieser Charakter wohl kaum vertonen. Wer also Lust auf etwas skurrile Alltagsgeschichten hat, kommt hier voll auf seine Kosten.

Mehr Infos zu allen Veröffentlichungen bei 'Hörbuch Hamburg' von Haruki Murakami (öffnen in neuem Fenster): http://www.hoerbuch-hamburg.de/autoren/haruki-murakami-1384/

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